Reiner Wein Gast Otto Schenk (Foto: Reiner Wein)

Otto Schenk: „Die Oper kommt viel zu kurz!“

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Lesezeit:4 Minute, 12 Sekunde

Der weit über Österreichs Grenzen hinaus bekannte Schauspieler, Intendant und Kabarettist Otto Schenk ist Gast bei Reiner Wein. Michael Winkler spricht mit ihm über seinen Weg als Künstler und sein aktuelles Werk: „Schenk. Das Buch: Ein intimes Lebensbild“.

Otto Schenk: Die Oper kommt viel zu kurz! (Quelle: Idealism Previals/YouTube)

Für Schenk, dessen Laufbahn am Wiener Volkstheater begann, ist der wichtigste Mensch seine Ehefrau Renée. Sie ist seine große Liebe. Ihr habe er sich total anvertraut – und das war die beste Entscheidung seines Lebens. Renée, mit der er seit 1956 verheiratet ist, habe ihm den Rücken freigehalten für die vielen Projekte, in die er sich – obwohl eigentlich ein fauler Mensch – Zeit seines Lebens stürzte. Diese sind auch zentrales Thema in „Schenk. Das Buch: Ein intimes Lebensbild“. Seine zahlreichen Opern-Engagements, die ihn rund um die Welt führten, fehlen zwar in diesem Buch; dennoch attestiert Schenk seinem Mitautor, dem Schriftsteller und Verleger Michael Horowitz, ein Röntgenauge für Details.

Von Wien bis nach New York

Schenks Eltern hatten sich in den Wirren des Ersten Weltkrieges in Triest kennengelernt. Er wurde 1930 geboren. Da seine Großeltern väterlicherseits getaufte Juden waren, wurde sein Vater nach dem Anschluss Österreichs 1938 nach den Nürnberger Gesetzen diskriminiert. Seine ältere Schwester, die als Eiskunstläuferin noch an den Olympischen Winterspielen 1936 teilgenommen hatte, emigrierte nach London, wo sie blieb und heiratete.

Neben seiner Schauspielausbildung am Max Reinhardt Seminar studiert Otto Schenk Jura. Sein Vater, selbst Jurist, legte ihm aber nahe, das zu tun, was er am besten könne. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm die Karriere von Otto Schenk Fahrt auf. Er führte bei verschiedenen Aufführungen in Wiener Theatern Regie und inszenierte 1957 am Salzburger Landestheater seine erste Oper: „Die Zauberflöte“ von Wolfgang Amadeus Mozart.

Im Laufe der Jahre spielte und inszenierte Schenk an den bedeutendsten Schauspiel- und Opernhäusern der Welt: Wiener Burgtheater, Wiener Staatsoper, Münchner Kammerspiele, Deutsche Oper Berlin, Metropolitan Opera New York, Mailänder Scala, Royal Opera House London.

Gunther Sosna, Gastgeber, Reiner Wein Politischer Podcast aus Wien

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In New York, einer seiner absoluten Lieblingsstädte, inszenierte er 15 Opern – die letzte davon vor allem deshalb, weil die russisch-österreichische Opernsängerin Anna Jurjewna Netrebko, die er sehr schätzt, engagiert wurde. Überhaupt fühlte er sich in New York immer daheim, schon deshalb, weil er dort regelmäßig viele Künstlerfreunde traf und „tolle Abende“ mit ihnen verbrachte. Einer seiner engsten Freunde, der Dramaturg und Opernkritiker Marcel Prawy, nahm ihn regelmäßig mit zu Treffen der High Society, die sich gerne mit wertvollen Kunstwerken umgab.

Die Liebe zum Detail

Schenk, der für viele Kollegen der Inbegriff des „menschlichen“ Theaters ist, versuchte in seinen vielen Regiearbeiten dieses Gefühl auch an sein Publikum weiterzugeben. Als Schauspieler sei es wichtig, sich selbst zu erkennen – und wie viele unterschiedliche Personen in einem selbst stecken. Darauf könne man für unterschiedliche Rollen aufbauen, um authentisch zu wirken. Außerdem liebe er als Wagnerianer die Detailgenauigkeit, mit der dieser große Komponist seine Werke verfasst habe – bis hin zum Wetter.

Er erinnert sich an seinen Vater, der ihm zu einem seiner Geburtstage den Stephansdom „geschenkt“ hat, dies mit der Bitte, er möge gut auf ihn aufpassen. Zeit seines Lebens war es Otto Schenk daher ein Anliegen, aus jeder Wohnung, in der er lebte, einen Blick auf das Wiener Wahrzeichen werfen zu können, dass die von den Wienern kurz Steffl genannt wird. Da sein Vater auch Märchen sehr glaubhaft erzählen konnte, macht er sich diese Fähigkeit später selbst zu eigen beispielsweise bei der Inszenierung des Tannhäuser.

Der Kopfstand in der Komödie „Othello darf nicht platzen“ ist ebenso Thema des Gesprächs mit Otto Schenk wie auch dessen Auftritt im hohen Alter von 88 Jahren als Dirigent im Musikverein, die Freundschaft zum Theaterregisseur Helmut Lohner, die Notwendigkeit, den Menschen nach der Coronakrise wieder „Winkerl und Platzerl“ anzubietet, wo sie Freiheit leben können und die Endlichkeit. Der Umgang mit dem Tod ist für Schenk schon immer schwierig gewesen. Wenn es so weit sei, so sein Wunsch, möchte er gemeinsam mit seiner geliebten Frau die Welt verlassen – die Ungewissheit, wer angesichts des fortgeschrittenen Alters zuerst gehen wird müssen, bedrückt ihn.

Über unseren Gast

Reiner Wein Politischer Podcast Gast Otto Schenk

Otto Schenk (Jahrgang 1930) ist ein Schauspieler, Kabarettist, Regisseur und früherer Intendant aus Wien. Nach der Ausbildung begann seine Laufbahn am Wiener Volkstheater und danach am Theater in der Josefstadt. Ab 1953 führte Otto Schenk bei verschiedenen Aufführungen in Wiener Theatern Regie. 1957 inszenierte er seine erste Oper (Die Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart) am Salzburger Landestheater. Schenk spielte und inszenierte an den bedeutendsten Schauspiel- und Opernhäusern der Welt wie zum Beispiel am Wiener Burgtheater, den Münchner Kammerspielen, der Wiener Staatsoper, der New Yorker Metropolitan Opera, der Mailänder Scala und dem Royal Opera House in Covent Garden (London). Seine letzte Rolle spielte er im November 2020 in der gesellschaftskritischen Komödie „Der Kirschgarten“ am Theater in der Josefstadt. Im März 2021 gab Otto Schenk seinen Abschied von der Bühne bekannt.

Fotos und Video: Reiner Wein und Idealism Previals

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Redaktion von "Reiner Wein", dem politischen Podcast aus Wien.
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